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20110208: Heute nacht habe ich geträumt, ich bin ins Nichts gesprungen, weil die anderen Menschen die Erde auch ohne mich
kaputtmachen. Die Welt ist trotzdem schön geblieben, das war beruhigend, im Tiefensturz trat es mir klarer vor Augen. Einiges
rutscht und fällt auf dem Bild, was gibt es schon groß Neues? Es ist nur wieder eine neue Version der immerselben Inversion im
Bild. Blume, Schaf, Stadt, Mensch, Kirche, Haus vom Nikolaus, Pyramidenwellen, Reizflut, Tiefe, alle sind sie da. Ach, die
Zeigehand ist neu (von ihr kommen immer die Pfeile). Ein Kunstdozent oder so jemand ähnliches hat letztens (das hab ich jetzt
schon oft gehört) etwas von Verdichtung und Auflösung von Linien auf einem Bild erzählt. Das ist interessant, aber es ist eine
notwendige Folge aus der Rhythmus-Forderung. Diese ist übrigens die selbe, wie die Forderung nach Rundheit. Beider Zweck ist
schließlich die Blicklenkung, und wenn es den Betrachter nicht ankotzt, wenn es ihn nicht ankotzen soll, dann ist es vielleicht
ein gutes Bild. So viele Reden über Kunst, ich hatte gedacht, im Begriff des "Rhythmus" den wichtigsten gefunden zu haben.
Vielleicht hatte ich auch recht, aber es muss noch Einiges im Drumherum gesagt werden. Los geht's: Zur Methode beim Zeichnen:
Der Rhythmus ist ein Begriff, aus dem die zeitliche Komponente nicht wegzudenken ist. In der Musik ist der Rhythmus zwischen
den Tönen, in den Bildern ist er zwischen den Linien. Er bezieht sich dabei immer auf das ganze Stück oder auf das ganze Bild
als die Fläche, auf der der Fokus des Betrachters in der Zeit wandert (Der Rhythmus eines Bildes liegt in der Fokuswanderung
des Betrachters beim Betrachten des Bildes, die sich unter anderem aus Verdichtung und Auflösung von Linien ergibt).
Strukturalismus ist ein
Begriff, den ich noch lernen muss. Aber vielleicht hat er hier, so meine Vermutung, schon irgendwie seinen Ort. Das zur
Bildwirkung, zur Bildbetrachtung, aber zur Methode beim Zeichnen wollte ich sagen: Darum kann eine Zeichnung nur dann gut
werden, wenn man beim Strich-machen nicht auf die Stelle schaut, wo man den Strich macht, sondern irgendwo anders hin, wobei
das "irgendwo anders" am besten das ganze (restliche) Bild ist. Zwischenrein zwei Geschichten: Erstens: Weil alles weiterhin
so schnell und noch schneller gehen soll, sind alle Höchstgeschwindigkeits-Verkehrsschilder gestern in
Mindestgeschwindigkeits-Schilder umfunktioniert worden. Zweitens: Es könnte mir nicht schnell genug sein, aber es geht
irgendwie im Kreis, so wie das Jahr, und der Druck in der Brust zieht die Mundwinkel nach unten. Verschiedene
Definitionsversuche des Kunstbegriffs, die noch überall von irgendwoher angespült herumliegen: Der Künstler ist der
intelligente Könner, oder gar der intelligenteste Könner, jedenfalls nicht nur Könner, das Wort 'Kunst' kommt zwar ursprünglich von
'können', aber im einen Sinne, meinen wir nicht auch Sportler, wenn wir "Künstler" sagen (Kunst muss wichtig sein, darum?).
Irgendwelches Reformationsdenken, ein Veränderungswille geht damit natürlich einher, sonst wäre man nicht hier. Was kann der
intelligente Könner, der Künstler? Naja, Rhythmus halt. Runde Sachen machen irgendwie. Und seien sie noch so offen. Ob das
folgende jetzt noch ein Prädikat ist, das der Rhythmus schon notwendigerweise enthält, oder ob es der Definition noch
hinzuzufügen wäre, weiß ich nicht, jedenfalls geht es weiter, im brainstorm, was ist Kunst, was ist der Künstler? Worum geht
es in der Kunst? Es geht darum, etwas auszudrücken. Künstler ist, wer etwas ausdrücken kann. Was kann ausgedrückt
werden? - Was Innen ist. Was ist Innen? -
Gefühle. Wodurch können Gefühle ausgedrückt werden? Durch Rhythmus in Bild, Musik, Texten, irgendwelchen Gegenständen.
Notwendige Voraussetzung dafür, dass es jemandem gelingt, etwas auszudrücken: Er muss etwas ausdrücken wollen, d.h. er muss
ein Gefühl in sich haben, das da drinnen nicht bleiben will (kein Gefühl will bleiben), sondern das die Welt verändern will
(nicht unbedingt nur in der Kunst, insofern ist Kunst nur ein Zwischenschritt oder Sublimierung, wer es so nennen will), der
Künstler muss ein Gefühl überhaupt erstmal haben, um es letztlich als Material zur Verfügung zu haben, das er in seine Bilder
packen kann, wo es dann möglicherweise zum Ausdruck kommt. Kunst als Spiegel der Seele blabla vielleicht. Welche Menschen
wollen ihre Gefühle zum Ausdruck bringen? Die Introvertierten oder die Extrovertierten? Die Extrovertierten? - Neiiin, die
drücken sich doch schon die ganze Zeit aus. Die Introvertierten? - Jap!, jeder Mensch will sich ausdrücken, die
Introvertierten machen's aber nicht, darum dreht sich der Ausdruckswille in ihnen im Kreis. Die Neurotiker sind's! Aus ihren
Reihen erwachsen die Künstler! Extrovertierte Menschen sind den Steinen ähnlicher, sie schwimmen mit dem Fluss und sinken
dann auf den Boden. Ursache und Wirkung haben kein Zwischenspiel im Steininneren, und auch kaum im extrovertierten Menschen.
Kommt was rein an Gefühl, kommt auch gleich wieder was raus.
Steine sind langweilig, aber Steine und extrovertierte Menschen sind cool. Introvertierte Menschen wollen gerne extrovertiert
sein (Es fühlt sich nicht gut an, wenn sich im Inneren Gefühle im Kreis drehen und man sieht auch nicht gut aus dabei).
Introvertierte Menschen tendieren zum Neurotizismus und am Ende weinen sie mit der Welt und hängen sich an einen Baum. Das
is nich so cool, aber so läuft's. Introvertierte Menschen müssen es also schaffen, sich zu extrovertieren, sich nach außen
zu kehren und den Kreis an der Tangente abbrechen, Drehung wegschießen. Aus sich raus, aber der Kreis erlaubt den Ausbruch
zunächst nicht. Also Zwischenweg suchen, erstmal ausdrücken und ne Weile reflektieren (schön klug werden die dann dabei),
nach und nach den Absprung schaffen, den Akohol braucht man dann auch irgendwann nicht mehr ganz so dringend, und das Gute
an der Sache: Es entstehen schöne Dinge nebenher. Darum: Künstler sind die guten Neurotiker, und am Ende werden sie auch zu
Steinen, Felsen?, nein Gott ist der Felsen, Pisse in der Brandung, und Mufasa kommt und frisst sie auf (die Steine), Pflanzen
gibt's auch noch (übrigens).
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